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JOANNEUM-RESEARCH-Projektleiter Dr. Jonas Groten mit einem „Shaker“. © JOANNEUM RESEARCH

Die JOANNEUM RESEARCH koordiniert das EU-Projekt SYMPHONY (Smart Hybrid Multimodal Printed Harvesting of Energy), das eine Energieversorgungsplattform zur Stromversorgung drahtloser Sensorknoten zum Ziel hat. Diese Sensorknoten befinden sich schwer zugänglichen Systemen oder Orten und werden hauptsächlich für Überwachungszwecke eingesetzt. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf Möglichkeiten autarker Energiesysteme, sondern auch auf deren Nachhaltigkeit. 

Unsere Alltagsumgebung ist gespickt mit unsichtbaren Sensoren. Sie sind nicht nur im offensichtlichen Umfeld, wie beispielsweise in moderner Produktion oder Informationstechnologien, zu finden, sondern auch im Stillen und Versteckten: in den Wänden unserer Häuser, in der Karosserie unserer Fahrzeuge, im Fußboden, in Windturbinen, im Spielzeug, in der landwirtschaftlichen Nutzung und vieles mehr. Die Frage nach der nachhaltigen Energieversorgung solcher verteilter Sensoren ist eine brennende. Eine Verkabelung kommt nicht in Frage und die augenscheinliche Energieversorgung mittels Photovoltaik ist enden wollend attraktiv, da in Wänden selten die Sonne scheint. Batterien zur Energieversorgung sind möglich, aber ökologisch unattraktiv und in der Wartung zeitintensiv.

Wieviel Energie braucht eigentlich so ein kleiner, verbauter Sensor, der uns zum Beispiel Infos über die Zimmertemperatur gibt? „Ein Sensor braucht 0,1 bis 10 Milliwatt bei dauerhafter drahtloser Übertragung, erklärt Jonas Groten, Experte für piezoelektrisches Energy Harvesting bei MATERIALS, dem Institut für Oberflächentechnologien und Photonik der JOANNEUM RESEARCH. „Wir haben uns gefragt, wie man am effizientesten die dauerhafte Energieversorgung an versteckten Orten gewährleisten kann. Eine Möglichkeit ist die Umwandlung von kinetischer Energie wie Vibration oder Rotation in elektrische Energie. Also nicht elektrische wird zu elektrischer Energie und kann dann direkt an Ort und Stelle ‚geerntet‘ werden. Das entspricht dem System des Energy Harvesting und funktioniert in vielen Anwendungen“, so Groten weiter. Die bekannteste und mittlerweile schon alte Technologie ist die der Solarzellen. Aber das funktioniert eben nur mit Licht. Eine sehr attraktive Alternative stellen Vibrationen dar. 

Man kann die Bewegungsenergie zum Beispiel von Maschinen, die in Produktionslinien „wackeln“, nutzen. Dafür braucht man eine Material mit elektromechanischen Eigenschaften als „Umwandler“. Häufig werden hier Bleiverbindungen eingesetzt, die jedoch sehr toxisch sind. „Wir verwenden deswegen ein ‚bleifreies‘ Polymer mit piezoeleketrischen Eigenschaften“, erklärt Groten. Und weiter: „Dieses Polymer hat mehrere Vorteile: Es ist nicht giftig, es ist günstig und es ist großflächig druckbar. Wir beschäftigen uns in unserer Forschung damit, wie wir dieses Material weiter optimieren können.“

Im Rahmen von SYMPHONY werden nun drei Anwendungsbeispiele des energieumwandelnden Polymers untersucht: die Zustandsüberwachung in einer Windkraftanlage, die energieeffiziente Raumheizung/-kühlung eines smarten Hauses und die Druckkontrolle von Schläuchen im (E-)Fahrrad. Mit den daraus gewonnenen Daten werden die Forscherinnen und Forscher die Effizienz steigern und Energie einsparen, das bedeutet zum Beispiel eine längere Lebensdauer für die Windturbinen aufgrund einer optimierten Wartung. Interessant ist diese Entwicklung aber auch für die Automobilindustrie, da die Produktion günstiger von statten gehen kann, und das Gewicht der Fahrzeuge reduziert werden kann, wenn die laufende Überwachung der Bauteile durch Sensoren im Fahrzeug möglich ist. 

Wie funktioniert nun die Energieumwandlung im Polymer genau? Bei MATERIALS beschäftigen sich die Forscherinnen und Forscher seit mehr als zehn Jahren mit dem piezoelektrischen Polymer PVDF. Unter bestimmten Bedingungen bildet dieses Polymer eine Struktur, in der sich kleinste molekulare Dipole über einen großen Bereich aufsummieren. Man spricht dann von einer remanenten Polarisation. Wird dieses Polymer nun verformt, ändert sich diese Polarisation, und dadurch auch die Anzahl der elektrischen Ladungen in auf das Polymer aufgebrachten Elektroden. Verbindet man diese Elektroden wird bei mechanischer Verformung Strom generiert, der für die Energiegewinnung eingesetzt wird.

Energy Harvesting bedeutet einen wichtigen Beitrag für den Kampf gegen den Klimawandel. „Wenn wir es schaffen, in den Bereichen Mobilität, Energiegewinnung sowie Wohnen und Heizen – also die großen CO2-Schleudern – Energie einsparen zu können, ist das ein wichtiger Schritt in Richtung Klimawende“, fasst Jonas Groten zusammen. 

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